Jigme Dorje meißelt auf der Poststraße an der Schneegrenze Eis, um Wasser zu erhalten.
Jigme Dorje ist Fahrer für die langen Posttransporte im Autonomen Bezirk Garzê der Provinz Sichuan. Er ist 30 Jahre mit dem Postwagen auf den Poststraßen an der Schneegrenze auf einer durchschnittlichen Höhenlage von 3500 Metern gefahren. Die gesamte Fahrt ist mehr als 1,4 Millionen Kilometer lang. Millionen Briefe und Pakete sind den Familien in den tibetischen Regionen auf dem tibetischen Hochland geliefert worden. Im Januar dieses Jahres wurde er mit dem Titel „Vorbild seiner Zeit“ ausgezeichnet.
Traum der Kindheit erfüllt
Jigme Dorje wurde 1963 geboren. Sein Körper ist noch stark, obwohl sein Gesicht allerlei durchgemacht hat. „Ich bin so glücklich, dass ich mich damit, was ich mag, beschäftigen und den Traum meiner Kindheit erfüllen kann.“
Er sagt: „Als ich ein Kind war, gab es auf dem tibetischen Hochland noch wenige Autos. In meiner Heimat wurde die erste Zeitung vom Postwagen geliefert. Die erste Zulassung einer Fachschule wurde vom Zusteller geliefert. Wenn ich ein Fahrer des Postwagens werden würde, wäre es eine große Ehre für mich.“
Im Alter von 18 Jahren kaufte Jigme Dorje ein Fachbuch über den Aufbau und die Reparatur von Autos und forschte darüber. Unerwartet konnte er bald Autos reparieren, bevor er Autos fahren konnte, und war deswegen in seiner Heimat berühmt. „Im Jahr 1989 bekam ich den Führerschein. Es gab im Kreis Dêgê den ersten Postwagen. Dann bewarb ich mich um die Stelle. Vielleicht weil ich in meiner Heimat dafür berühmt war, dass ich Autos fahren und reparieren kann, wurde ich direkt angestellt.“
Seit er 1989 ins Postunternehmen eingetreten ist, haben sich die Fahrtrouten von Jigme Dorje fast nie geändert. Er fährt von der Kreisstadt Garzê nach Westen los. Der Postwagen beginnt dann, über den 6168 Meter hohen Que´er-Berg, der als „die erste schwer passierbare Stelle der Sichuan-Tibet-Straße“ bezeichnet wird, zu fahren. Die Straße wird mit steigender Höhenlage immer enger und holpriger. Nachdem die Steine von den Rädern zermahlen worden sind, fallen sie mit dem Staub in den hundert Meter tiefen Abgrund. Auf solchen Routen ist Jigme Dorje 30 Jahre gefahren.
Seit 30 Jahren fährt Jigme Dorje mehrmals zwischen Garzê und Dêgê hin und her. Die Länge der Fahrten beträgt insgesamt mehr als 1,4 Millionen Kilometer, was 35 Kreisen um den Äquator entspricht. Die von ihm gefahrenen Postwagen haben keinen Unfall erlebt, und er hat jede Posttransportaufgabe perfekt erfüllt. Selbst im Jahr 2018 ist die von Jigme Dorje geleitete Gruppe 624.900 Kilometer sicher gefahren, und hat 410.000 Postsachen nach Tibet und 370.000 Postsachen innerhalb der Provinz Sichuan transportiert.
Kein Zurückschrecken vor Schwierigkeiten
Der Garzê-Abschnitt der Sichuan-Tibet-Straße erlebt oft Schneestürme und Muren. Es gibt auch oft Erdrutsche. Viele Fahrstrecken sind nur einspurig. Üblicherweise fahren die Postwagen an der Front. Erst wenn die Postwagen durchgefahren sind, trauen sich die anderen Fahrzeuge, vorsichtig durchzufahren.
Informationen zufolge ist Jigme Dorje jeden Monat mehrmals auf dieser Straße hin- und hergefahren, bevor der Tunnel des Que´er-Bergs 2017 in Betrieb genommen wurde. „Jedes Mal als ich hier durchfuhr, musste ich ganz vorsichtig die Situation des Wagens links und rechts überprüfen“, sagt er. Jedes Beschleunigen, Gang-Wechseln und Richtung-Ändern war wie ein Kampf mit dem Tod, als der mehr als zehn Tonnen schwere Postwagen hier vorbeifuhr.
Die erste Fahrt über den Que´er-Berg hat Jigme Dorje noch genau in Erinnerung. „Die Straße ist so eng, dass ich viel langsamer als die anderen fuhr. Die Autos hinter mir hupten unaufhörlich und wollten überholen. Aber es gab keinen Platz, als dass ich ihnen den Vortritt hätte überlassen können. Ich konnte nur mal an einem breiteten Platz stoppen. Weil ich zu nervös und zu vorsichtig war, fuhr ich noch nicht einmal zehn Kilometer pro Stunde. Als ich stoppte, stellte ich fest, dass die Räder schon heiß wurden.“
In der Tat stehen die Zusteller auf der wenig befahrenen Sichuan-Tibet-Straße nicht nur den Gefahren wie der Kälte, der Höhe und Unwettern gegenüber, sondern sollen auch sich auf Notfälle vorbereiten.
2011 starb der älteste Sohn von Jigme Dorje, der bald heiraten sollte, an einem Myokardinfarkt. Dieser Schicksalsschlag schockierte Jigme Dorje. Im Juli 2012 wurde Jigme Dorje bei der Rückfahrt nach Garzê von einer Gruppe von mit Messern bewaffneten Kriminellen übergefallen. Er wurde 17 Mal gestochen. Vier Rippen wurden gebrochen. Ein Teil des Schädels wurde verletzt. Nachdem er das Krankenhaus verlassen hatte, konnte er seine linke Hand wegen Sehnenrissen nicht falten. Deshalb hatte Jigme Dorje keine Wahl, als seinen Arbeitsplatz vorläufig zu verlassen. Obwohl er hintereinander geistig und körperlich schwer geschlagen wurde, hat sich Jigme Dorje den Schwierigkeiten nicht unterworfen. Um wieder zur Poststraße zu kehren, ging er überall zum Arzt. Durch einen sehr schmerzhaften Prozess wurde seine linke Hand wieder normal. Ein Jahr später fuhr er gegen den Rat der Kollegen und Familie wieder den Postwagen.
30-jähriges Durchhalten
Seit 30 Jahren hat Jigme Dorje nie während der Postfahrt eine Hauptmahlzeit gehabt und nur fünfmal Silvester zu Hause verbracht. Als seine zwei Kinder geboren wurden, war er immer unterwegs.
„Zum Frühlingsfest kehren die anderen nach Hause und treffen sich mit ihrer Familie und Kindern. Nur der Postwagen fährt einsam. In dieser Zeit fühle ich mich, als würde ich die Familie enttäuschen. Meine Familie ist mir sehr wichtig“, so Jigme Dorje. Er sei zu jener Zeit sehr beschämt. „Ich fühle mich traurig. Auch am Kindertag werden die meisten Kinder von ihren Eltern begleitet. Mein jüngerer Sohn fragte mich, warum er nicht von beiden Elternteilen begleitet werde, wenn die anderen Kinder von ihren Eltern begleitet werden. Als das Kind das gesagt hat, war ich sehr beschämt.“
Trotzdem denkt Jigme Dorje gar nicht daran aufzugeben. „Das Verständnis und die Unterstützung der Familie sind die größte Triebkraft meines Durchhaltens“, sagt Jigme Dorje lächelnd. Nun ist der jüngere Sohn sein „Chef“ geworden. „Er ist dafür zuständig, unsere Fahrtrouten zu koordinieren. Ich unterstütze auch sehr, dass er sich damit beschäftigt.“
Um die Schuld für die Kinder wiedergutzumachen, brachte Jigme Dorje die Kinder mit, als er nach der Rückfahrt den Wagen überprüfte und reparierte. Im Laufe der Zeit mochte der jüngere Sohn Tashi Tsewang diese Arbeit. Heute ist Tashi Tsewang von Beruf Fahrdienstleiter für das Transportnetzwerk in der Postfiliale im Kreis Garzê. Vater und Sohn sind zu „Soldaten“ auf den Poststraßen geworden.