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[Patriotismus im Widerstandskrieg] In der Not zeigt sich Einigkeit: Der 5. Jamyang Shepa und sein Manifest zur Erweckung der nationalen Kraft im Widerstandskrieg

08-09-2025 09:45
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Anfang 1944, während der Widerstandskrieg gegen Japan in einer Pattsituation war, traf eine besondere Delegation in tibetischen Trachten in der provisorischen Hauptstadt Chongqing ein – es war die „Gruppe der Ehrerbietung“, die von den 108 Klöstern der Region Labrang gemeinsam gebildet wurde. Sie brachten nicht nur die aufrichtige Hingabe der lokalen Bevölkerung mit, sondern auch ein Geschenk, das das ganze Land bewegte: Spenden im Wert von 900.000 Silberdollar, ausreichend für den Kauf von 30 Kampfflugzeugen (jedes im Wert von 30.000 Silberdollar). Vor dem Hintergrund, dass die Bevölkerung des ganzen Landes sich einschränkte, um den Krieg zu unterstützen, löste diese Spendenaktion sofort starke Resonanz im ganzen Land aus.

Das Bild zeigt die Labrang-Delegation in Chongqing im Jahr 1944. (Foto zur Verfügung gestellt von Sherab Nyima)

Wenn man von dieser tiefen nationalen Verbundenheit spricht, muss man auch die überregionalen Vorträge des 5. Jamyang Shepa im Vorjahr erwähnen – im Juli 1943 reiste er mit dem von ihm verfassten „Aufruf an die mongolischen und tibetischen Landsleute zur Unterstützung des Widerstands und Aufbaus“ nach Maqu in Süd-Gansu, Golog in Qinghai und Ngawa in Sichuan, um mit aufrichtigen Worten die Landsleute aller Volksgruppen zur gemeinsamen Bewältigung der nationalen Krise zu mobilisieren.

„Mongolische und tibetische Landsleute! Unsere große Republik China und die kleinen japanischen Teufel führen seit Juli des 26. Jahres (1937) bereits sechs Jahre lang einen blutigen Krieg!“ Der Aufruf beginnt direkt mit dem Thema, und zwischen den Zeilen ist voller Sorge um die aktuelle Lage und aufrichtiger Bitte an die Landsleute herauszuhören: „In diesen sechs Jahren habe ich euch bei jedem Tempelritual die wichtigsten Entwicklungen im In- und Ausland mitgeteilt, denn ihr lebt in den abgelegenen Grasländern mit schlechter Verkehrsanbindung und Rückständigkeit, sodass ihr für die Menschen aus dem Landesinneren nur schwer zu erreichen seid. Zugleich habt ihr wegen der sprachlichen Barrieren nur selten Zugang zu Zeitungen und Zeitschriften aus dem Landesinneren, und noch weniger versteht ihr deren Inhalte. Daher nutze ich die Gelegenheit dieser Reise durch verschiedene Regionen, um die jüngsten Entwicklungen und das notwendige Bewusstsein unseres mongolischen und tibetischen Volkes kurz darzulegen...“

Unmittelbar darauf analysierte der 5. Jamyang Shepa präzise die internationale und inländische Lage. Bezüglich der Kriegssituation versicherte er seinen Landsleuten entschlossen: „Nach umfassender Auswertung aller Gegebenheiten ist klar, dass der endgültige Sieg tatsächlich nicht mehr fern ist. In diesem kritischen Moment wird unsere Verantwortung noch größer. Die Menschen an der Front müssen sich aktiv auf die Entscheidungsschlacht vorbereiten, um das Vaterland zurückzuerobern. Die Menschen in der Heimat müssen ungeachtet von Ethnie, Geschlecht oder Alter ihre menschlichen, materiellen und finanziellen Ressourcen der Zentralregierung widmen, um den Endsieg zu beschleunigen.“ Dafür gab er den mongolischen und tibetischen Landsleuten vier Hauptaufgaben mit: Erstens müssten während des Widerstandskriegs die Befehle und Gesetze der Zentralregierung und lokalen Regierungen strikt befolgt werden. Zweitens sei die Sicherheit in der Heimat von größter Bedeutung – alle Volksgruppen müssten sich einig sein, aufhetzerische Reden und fremde Unruhestifter zu melden. Drittens brauchte der Krieg wirtschaftliche Unterstützung: Obwohl die Verhältnisse in mongolischen und tibetischen Gebieten anders seien, sollte die Produktion durch neue Methoden wie die Verbesserung der Zuchtauswahl, der Seuchenprävention und des Futters gefördert werden. Viertens sei die Bildung in diesen Regionen rückständig – die vom Staat geförderte Grenzschulbildung sollte genutzt werden, um Kenntnisse zu vermitteln und Analphabetismus zu beseitigen. „Die Zeit schreitet voran, wir dürfen nicht in alten Mustern verharren, sondern müssen mit dem Strom gehen, um moderne Bürger zu sein.“ Mit frommem buddhistischem Wunsch schloss er: „Mögen die Aggressoren schnell ihre gerechte Strafe erhalten! Mögen die Soldaten des Widerstandskrieges ewigen Frieden genießen! Möge das Land für zehntausend Jahre stark und unerschütterlich bleiben! Möge der Weltfrieden für immer währen!“

Dieser Aufruf an die Landsleute ist eine lebendige Fußnote dahingehend, wie die Anführer ethnischer Minderheiten in Zeiten der Krise im modernen China das Gemeinschaftsbewusstsein der der chinesischen Nation in die Tat umsetzten. Er schuf zunächst ein kollektives Bewusstsein der Solidarität in der nationalen Krise – gleich zu Beginn wurde klar zwischen dem „Großen China“ und den „kleinen japanischen Teufeln“ unterschieden, wodurch das Schicksal der mongolischen und tibetischen Landsleute eng mit dem Überleben des gesamten Landes verbunden wurde. „Der endgültige Sieg ist tatsächlich nicht mehr fern. In diesem kritischen Moment wird unsere Verantwortung noch größer.“ Diese Ermahnung durchbrach die Grenzen von Regionen und Volksgruppen und machte klar, dass „mongolische und tibetische Landsleute“ sowie „Menschen aus dem Landesinneren“ gleichermaßen „Bürger der Republik China“ waren und gemeinsam die Mission trugen, „das Land zurückzuerobern“ und „den endgültigen Sieg zu beschleunigen“. Die begeisterte Reaktion der tibetischen Mönche und Laien, die später „Vieh verkauften, um die Front zu unterstützen“, war ein direktes Zeugnis dafür, wie sich dieses Gemeinschaftsbewusstsein von der Erkenntnis in Handeln verwandelte: Trotz regionaler und kultureller Unterschiede zwischen den Volksgruppen hatte sich unter dem gemeinsamen Ziel der „Heimat- und Landesverteidigung“ bereits eine untrennbare Schicksalsgemeinschaft gebildet.

Auf einer tieferen Ebene verankert dieser Aufruf an die Landsleute die nationale Identität als zentralen Bezugspunkt und festigt so die Grundlage des Gemeinschaftsbewusstseins. Der 5. Jamyang Shepa betonte in seiner Ansprache wiederholt die Identifikation mit der „Zentralregierung“ und dem „Staat“: Er forderte die mongolischen und tibetischen Landsleute auf, „die Befehle und Gesetze der Zentralregierung und der lokalen Regierungen strikt zu befolgen“, und sah es als Pflicht der Bevölkerung im Hinterland an, „einen Beitrag zur Zentralregierung zu leisten“. Der Wunsch am Ende des Textes – „Möge das Land für zehntausend Jahre stark und unerschütterlich bleiben!“ – drückt noch deutlicher die tiefe Sehnsucht nach nationaler Einheit und Stabilität aus. Diese Identifikation ist keine passive Akzeptanz, sondern entspringt einer klaren Erkenntnis der Beziehung zwischen „Staat“ und „Nation“ – das Schicksal der Mongolen, Tibeter und anderer ethnischer Gruppen ist eng mit dem des Staates verbunden. Nur wenn der Staat fortbesteht und stark ist, können die verschiedenen ethnischen Gruppen Chinas wahrhaftigen Frieden und Entwicklung erlangen. Dieses Bewusstsein, die Interessen der Volksgruppen in die Staatsinteressen zu integrieren, ist der Kern der nationalen Identität und schafft den Nährboden für das Gemeinschaftsbewusstsein der chinesischen Nation.

Während es den Konsens festigte, unterstrich der Aufruf an die Landsleute auch die Rolle der nationalen Einheit als geistiges Band gegen Spaltung. Der 5. Jamyang Shepa betonte besonders, dass „alle ethnischen Gruppen in aufrichtiger Einheit zusammenstehen und den verführenden, spalterischen Worten und Taten nicht blind folgen sollten“. Er forderte, „fremde Übeltäter“ zu überprüfen und zu melden, was genau auf die Machenschaften der japanischen Invasoren während des Widerstandskriegs abzielte, die China spalten und die ethnischen Beziehungen untergraben wollten. In seinen Augen war „nationale Einheit“ kein abstraktes Schlagwort, sondern eine praktische Notwendigkeit, um „die Sicherheit im Hinterland zu wahren“ und den Sieg im Widerstandskrieg zu sichern. Diese Betonung der „Einheit“ ist im Wesentlichen der Schutz der „chinesischen Nation“ als Ganzes – nur wenn alle ethnischen Gruppen Vorurteile ablegen und sich gegenseitig vertrauen, können sie eine starke Kraft gegen äußere Aggressionen und Spaltung bilden. Dieses Konzept bleibt auch heute noch ein wichtiger Grundsatz zur Stärkung des Gemeinschaftsbewusstseins der chinesischen Nation.

Noch weitsichtiger war, dass der 5. Jamyang Shepa bei der Mobilisierung für den Widerstandskrieg die langfristige Entwicklung der mongolischen und tibetischen Regionen nicht vernachlässigte, sondern den gemeinsamen Fortschritt als dauerhafte Stütze des Gemeinschaftsbewusstseins betrachtete. Er schlug Verbesserungen in der Viehzucht und die Förderung des Bildungswesens vor und betonte: „Die Zeit schreitet stetig voran, wir dürfen uns keinesfalls selbstgefällig abkapseln, sondern müssen uns dem Zeitgeist anpassen, um den Bürgern der heutigen Epoche gerecht zu werden.“ Dieser Ansatz birgt tiefgreifende Weisheit der Gemeinschaft: Die ethnischen Gruppen wie Mongolen und Tibeter als Teil der chinesischen Nation sollten nicht nur ihren Beitrag zum nationalen Widerstandskampf leisten, sondern auch durch die Entwicklung der Produktion und die Steigerung des kulturellen Niveaus mit dem „Zeitgeist“ Schritt halten, um gemeinsam mit anderen Volksgruppen Fortschritte zu erzielen. Dieses Konzept sowohl des Beitrags für die Nation als auch des Nutzens aus der Entwicklung durchbricht die Denkweise einer „Abspaltung der Grenzgebiete vom Binnenland“ und verkörpert das einfache Streben nach „gemeinsamem Kampf und gemeinsamer Prosperität aller ethnischer Gruppen“ – nur wenn alle Volksgruppen wirtschaftlich und kulturell gleichzeitig Fortschritte machen, kann die Gemeinschaft der chinesischen Nation eine solide materielle und kulturelle Grundlage haben.

Der Widerstands- und Aufbauanruf des 5. Jamyang Shepa mag zwar in einer bestimmten historischen Periode entstanden sein, doch er veranschaulicht lebendig den Kern des Gemeinschaftsbewusstseins der chinesischen Nation: sich in Krisenzeiten zu vereinen, in der Identifikation zu verwurzeln, in der Einheit zu festigen und in der Entwicklung gemeinsam voranzuschreiten. Diese Geschichte lehrt uns, dass das Gemeinschaftsbewusstsein der chinesischen Nation niemals ein abstraktes Konzept war, sondern in der Praxis des gemeinsamen Bewältigens von Herausforderungen und des Verfolgens gemeinsamer Ziele durch alle ethnischen Gruppen stetig gestärkt wurde. Heute erfordert die Stärkung des Gemeinschaftsbewusstseins der chinesischen Nation nach wie vor die Bewahrung dieses Geistes der „Schicksalsgemeinschaft aller Volksgruppen“, die Stärkung der nationalen Identität, die Förderung der nationalen Einheit und die Vorantreibung der gemeinsamen Entwicklung, damit alle ethnischen Gruppen in der großen Familie der chinesischen Nation gemeinsam Ruhm teilen und Verantwortung tragen können, um ein neues Kapitel von „Eine Familie der chinesischen Nation vereint im Streben nach dem Chinesischen Traum“ zu schreiben.

(Gastbeitrag von Sherab Nyima)

(Redakteur: Daniel Yang)