Im Juni beginnt die Hochsaison für den Tourismus auf dem westlichen Sichuan-Plateau. Am Eingang des Altstadtviertels Letong und der Tausend-Haushalte-Tibetersiedlung im Kreis Litang des Autonomen Bezirks Garzê verströmt eine tibetische Konditorei den charakteristischen Duft von Gerste, während das Café von neugierigen Touristen gut besucht ist.
In der Backstube ist des 34-jährigen tibetischen Bäckers Gönai Wangpo emsig bei der Arbeit. Geschickt vermengt er tibetisches Mehl, rohes Gerstenmehl, Eier und Yakbutter zu einem Sauerteig, formt gleichmäßige Portionen und füllt sie mit süßem Juemagu, einer tibetischen Erdmandelart. Schon bald duften goldbraune „Yakdung-Brote“ frisch aus dem Ofen. Ihre knusprige Kruste und weiche Krume unterstreichen die außergewöhnliche Form, die getrocknetem Yakmist täuschend ähnlich aussieht.
Gönai Wangpo, ein waschechter Litanger, wuchs als Nomadenjunge auf, bevor er in Chengdu und Peking studierte und arbeitete. Als der Tourismus in seiner Heimat aufblühte, kehrte er 2020 mit einem klaren Plan zurück: In seinem Elternhaus eröffnete er die tibetische Bäckerei „Die Geschichte von Tsampa und Buttertee“, um gesunde Gerste-Spezialitäten zu promoten.
Von klassischem Gerstenbrot bis hin zum kreativen „Yakdung-Brot“ und nährstoffreichem „Altstadt-Tibettee-Brot“ – seine Kreationen machten ihn zur lokalen Berühmtheit. „Dieses Brot verkörpert die Weisheit unseres Nomadenlebens“, erklärte Gönai Wangpo und zeigte stolz sein Leitprodukt: Die dunkle Gerste aus Xiaba umhüllt eine Füllung aus regionalen Juemagu-Knollen. Er erzählt mit bewegter Stimme: „Die Inspiration dazu kam aus meiner Kindheit. Meine Mutter formte unsere Tsampa-Fladen oft wie Yakdung, um mich zum Lachen zu bringen. Diese Brote sollen unseren Gästen das Leben auf dem Dach der Welt schmackhaft machen.“
Für Gönai Wangpo ist die Form der Speisen nur der Anfang einer größeren Geschichte. Sein eigentliches Ziel ist die Schaffung eines kulturellen Narrativs, das die gesamte Wertschöpfungskette vom Acker bis zum Teller umfasst. Wie mit Yakbutter als Tinte und Gerste als Papier schreibt er zwischen Tradition und Moderne ein neues Kapitel der Hochlandkultur. Er erklärte: „In unserer Gerstenbäckerei trägt jedes Detail das,Litang-Gen‘ in sich. Alle Zutaten – vom violetten und schwarzen Gerstenmehl über die Juemagu-Knollen bis zur Yakbutter – stammen aus der unmittelbaren Umgebung. Selbst die Yakmilch und der Joghurt beziehen wir direkt von den Nomaden der umliegenden Weidegebiete.“
Frau Li, eine Touristin aus Dalian, die gerade Kühlschrankmagnete auswählte, strahlte vor Freude: „Nicht nur haben wir das köstliche und gesunde,Yakdung-Brot‘ probiert, sondern wir haben auch wunderschöne handgefertigte Souvenirs gefunden, die ich meinem Sohn als Andenken mitbringen werde.“ Dieser liebevoll gestaltete Erlebnisraum lädt jeden Besucher dazu ein, bewusst innezuhalten und die Atmosphäre zu genießen. Dadurch hat sich Gönai Wangpos Bäckerei zu einem beliebten Fotopunkt für Reisende entlang der Nationalstraße 318 entwickelt und verzeichnete bereits Verkaufsrekorde von bis zu 200 Broten an einem einzigen Tag.