Beim Betreten der „Werkstatt Ajia-Kelzang“ im Dorf Banjor-Lunbu der Gemeinde Cangra im Kreis Gyangzê der bezirksfreien Stadt Xigazê herrscht reges Treiben. Die „Ajia“ (tibetisch für „Schwestern“) bedienen geschickt moderne Webstühle, während bunte Wollfäden durch ihre Hände gleiten und sich allmählich in Produkte wie Schals, Umhänge und Stoffpuppen verwandeln. Die einst kärglich verdienenden Frauen erzielen heute durch ihr Können beachtliche Einkünfte – für einen Schal erhalten sie über 300 Yuan Handarbeitslohn, bei komplex gemusterten Pulu-Textilien sogar bis zu 1.200 Yuan. Einige „Ajia“ verdienen monatlich bis zu 4.800 Yuan.
Die Mitarbeiterin Lhaphren berichtete: „Früher brachte uns das Weben kaum etwas ein, weil wir keine guten Absatzmöglichkeiten hatten. Jetzt haben wir nicht nur ein festes Einkommen, sondern können auch unsere Familien versorgen.“
Die Pulu-Webkunst aus Gyangzê blickt auf eine Geschichte von über 2.000 Jahren zurück und zählt als textiles Kulturerbe mit Volksgruppen-Charakter des Hochlands. Besonders die Shima-Pulu-Stoffe aus Gyangzê stehen unter dem Schutz des Autonomen Gebiets Xizang. Doch die traditionelle Webkunst geriet in die Krise: veraltete Webstühle, eintönige Farben und Muster, mangelnde Marktakzeptanz und Nachwuchssorgen ließen die einst geschätzte Kunst verblassen, die Weberinnen lebten am Rande des Existenzminimums.
Die Wende kam 2023, als die zehnte Gruppe von Unterstützungskadern aus Shanghai die Marke „Sanddriver“ unter Leitung der Shanghaier Handwerksmeisterin Guo Xiuling nach Xizang brachte. Guo und ihr Team analysierten vor Ort die Probleme und initiierten ein Revival-Programm mit „lebendiger Weitergabe“ im Kern.
Im April 2023 reisten 50 Handwerkerinnen aus Gyangzê mit Shanghaier Unterstützung zu einem einmonatigen Training in moderne Filztechniken, Pulu-Design und Maschinenbedienung. Im Mai gründeten der Kreis Gyangzê und Guos Unternehmen die „Ajia-Kelzang-Werkstatt“ mit dem Modell „Laden vorne, Fabrik hinten“, das Betriebe, Genossenschaften und Haushalte verbindet. Parallel entstanden in Shanghai ein Pulu-Forschungszentrum und in Xigazê ein „Shanghai-Meister-Atelier“, wo internationale Designer dem Traditionshandwerk neues Leben einhauchen.
Genossenschaftsvorsitzende Kelzang Drolma sagte“: „Früher war ich nie in Lhasa – heute reise ich nach Shanghai und ins Ausland. Ich werde weitere Frauen gewinnen, um dieses Erbe zu bewahren und ihnen Wohlstand vor der Haustür zu ermöglichen.“
Dank der Werkstatt findet Gyangzê-Pulu nicht nur national Absatz, sondern auch internationalen Anklang. Die Kollektion ist in über 30 Läden und Online-Shops erhältlich und präsentiert in ausländischen Boutiquen „Chinas Handwerkskunst“ in neuem Glanz.