Die Losziehung aus der Goldenen Urne ist eine wichtige Maßnahme zur Vermeidung der Ausnutzung der Reinkarnation des Rinpoche durch die aristokratischen Oberschichten der Mongolei und Tibets zur Erlangung der religiösen Macht sowie der Kombination der mächtigen Lamas mit der säkularen Macht. Was ist aber der historische Hintergrund der Entstehung der Losziehung aus der Goldenen Urne?
Entstehung des Systems der Rinpoche-Reinkarnation
Das System der Rinpoche-Reinkarnation ist ein einzigartiges System des Tibetischen Buddhismus. In der Zeit zwischen dem 11. und 12. Jahrhundert hat sich die Situation, dass es zahlreiche Schulen und Klöster gibt, im tibetischen Buddhismus gebildet. Die unterschiedlichen Schulen bildeten Allianzen mit den einheimischen Mächtigen zum Überleben. Die Weitergabe von Vater zu Sohn und von Lehrer zu Schüler konnte diesen Bedarf nur immer schwerer decken.
Die Reinkarnation des Rinpoche hat die Gama-Gaju-Schule am frühesten gestartet und die Gelug-Schule hat es zu einem System gemacht. Dies beeinflusst die ganzen Regionen, die die Tibeter und Mongolen bewohnen.
1546 wurde Soinam Gyaco (der dritte Dalai Lama) als Seelenkind von Gendun Gyaco bestimmt. Das war der Anfang des Systems der Rinpoche-Reinkarnation, die von eindeutigen Aufzeichnungen belegt wird. Danach wurden der Titel des Dalai Lama und Penche Erdini von der zentralen Dynastie vergeben und anerkannt. Nachdem das System des Dalai Lama und des Penchen Lama entstanden war, wurde für viele kleine Rinpoches der Gelug-Schule das System eingeführt. Da das System der Rinpoche-Reinkarnation allgemein verwendet wird, ist nach und nach auch ein System hinsichtlich des Besuchs des Seelenkindes, seiner Ermittlung usw. entstanden.
Große Lamas stammen aus einer Familie – viele Nachteile
Während der Yuan-Dynastie wurde Tibet unter die direkte Herrschaft der Zentralregierung gestellt. Bis zur Qing-Dynastie hat das Reinkarnationssystem, das schon lange Zeit gepflegt worden war, viele Vorteile bekommen, was zu Sorgen des Kaisers Qianlong der Qing-Dynastie geführt hat.
Laut historischen Aufzeichnungen hat der Kaiser Qianlong extra seinen engen Vertrauten, den dritten Rinpoche Zhangjia, nach Tibet geschickt, als das Seelenkind des achten Dalai Lama nach dem Tod des siebten Dalai Lama ins Nirwana getreten war. Jedoch wurde Jampel Gyatso als achter Dalai Lama ausgewählt und er war mit dem sechsten Penchen Lama verwandt. Danach hat sich der Rinpoche Jetsun Dhampa der Mongolei bei einem Verwandten des achten Dalai Lama reinkarniert. Überdies wurden der jüngere Bruder und der Neffe des dritten Zhangjia-Rinpoche als Quezang-Rinpoche und Lakho-Rinpoche anerkannt.
Bezüglich dieser Verhältnisse hat Kaiser Qianlong darauf hingewiesen, dass die großen Lamas, die die Religion beherrschen, allesamt aus einer Familie stammen und sich kaum von vergebenen aristokratischen Titeln unterscheiden. Der Aufstieg des Cäsaropapismus, der von der Verschmelzung der mongolischen Adeligen und der Rinpoche-Reinkarnation verursacht werden könnte, ist in den Augen des Kaisers Qianlong eine potenzielle Gefahr. Vor diesem Hintergrund hat eine Invasion die Herrscher der Qing-Dynastie im Entschluss bestärkt, die Rinpoche-Reinkarnation neu zu regulieren.
Invasion der Gurkhas
Die Gurkhas waren eigentlich ein Stamm in Nepal an der südlichen Seite des Himalaya. Bis zum Beginn der Herrschaft des Kaisers Qianlong wurden sie immer stärker und verfolgten die Politik der Expansion nach außen. Vor allem Tibet im Norden haben die Gurkhas ins Visier genommen.
1780 ist der sechste Penchen Lama anlässlich des 70. Geburtstages des Kaisers Qianlong nach Beijing gekommen. Danach ist er unglücklicherweise an einer Krankheit gestorben. Der sechste Penchen Lama hat große Summen hinterlassen, die der Kaiser Qianlong als Belohnungen verliehen hatte und mandschurische sowie mongolische Minister gespendet hatten. Dies führte zum Konflikt zwischen seinem jüngeren Bruder Shamaerba Hutuktu, Rinpoche der Shamarpa-Linie der Karma-Kagyü-Schule, und seinem älteren Bruder Zhongba Hutuktu. Da Shamaerba das Vermögen nicht an sich reißen konnte, war er unzufrieden. Daher ist er 1784 im Namen der Verehrung der Buddhapagode zu den Gurkhas gegangen und hat sie zum Eindringen in Tibet und dem Ausplündern des Trashilhünpo-Klosters angestiftet, um seinem Unmut Luft zu machen.
Genau in dieser Zeit sind Konflikte zwischen den Gurkhas und Tibet wegen Handelsproblemen ausgebrochen, was der Invasion der Gurkhas eine Ausrede gegeben hat. Von 1788 bis 1789 hat er die Gurkhas nach Tibet marschieren lassen. Kaiser Qianlong hat u. a. Bazhong mit Soldaten nach Tibet geschickt. Jedoch waren Bazhong usw. nur halbherzig, nur um den Auftrag auszuführen. Sie haben sich damit abgefunden, jedes Jahr 300 Barren zu zahlen und mit den Gurkhas zu verhandeln. Nachdem Zhongba Hutuktu dies erfahren hatte, hat er seine Kleinodien auf eine Flucht mitgenommen. Da keine effektive Abwehr zustande kam, hat das Transhilhünpo-Kloster schwere Schäden erlitten.
Nachdem Kaiser Qianlong die Nachricht zu Ohren gekommen war, wurde er wütend. Daraufhin hat er den Amban des Amtes enthoben und bestraft. Danach hat er Fu Kang'an zum Großgeneral ernannt, der eine Truppe zur Abwehr der Gurkhas nach Tibet geführt hat. Die Mönche und Einwohner unterstützten die Operation der Armee der Qing-Dynastie sehr. Überdies haben die mongolischen und tibetischen Aristokraten und Tusi in Gansu und Qinghai Getreide gespendet, um die Qing-Armee beim Marsch von Qinghai nach Tibet zu unterstützen.
Im April 1792 ist Fu Kang'an zusammen mit seiner Truppe in Tingri in Tibet aufgebrochen. Binnen nur eines Monats haben sie die Gurkhas in Nyalam und Gyirong besiegt und alle verlorenen Gebiete zurückerobert.